Davidsboden-Siedlung

Vom Bauen einer Vision

balair_5372

Das Gebiet der heutigen Davidsboden-Siedlung (grün umrahmt) 1953.

Geboren wurde die Davidsboden-Siedlung in den 1980er-Jahren aus einer Bürgerinitiative heraus, als soziales Experiment, als städtebauliche Vision. Im St. Johann wohnten früher viele nicht freiwillig. Es galt als Wartesaal vor dem Umzug in eine bessere Gegend. In diesem traditionellen Arbeiter- und Mieterquartier gab es vor allem Kleinwohnungen (47% anno 1987), Gewerbe / Imdustrie und wenig Grünflächen. Der Ausländeranteil war hoch, die Umweltqualität wegen der Fabriken und des Verkehrs schlecht. Wenn Neubauten errichtet wurden, waren sie meist teuer und bildeten eine Art Wohlstandsghetto. Das Areal der heutigen Siedlung gehörte jahrzehntelange der Firma Bertrams AG, bis der Betrieb dichtmachte und das Land brachlag. Nun wurden Hoffnungen wach.

Die Akteure

Es brauchte drei Parteien, um das Projekt Davidsboden zu realisieren: Staat, Bürgerinitiative und Stiftung / Firma. Im St. Johanns-Quartier waren damals verschiedene Zusammenschlüsse engagierter Bewohnender tätig, und aus ihren Kreisen entstand die IG Bertramsareal (IGB). Sie gab entscheidende Impulse und blieb bis kurz vor Baubeginn in der Projektorganisation aktiv. Die Christoph Merian Stiftung (CMS) engagierte sich im Rahmen ihrer Kernaufgabe, der sozialen Stadtentwicklung, und übernahm zusammen mit dem Versicherungsunternehmen Patria (später Helvetia) die Bauherrschaft. Der Kanton seinerseits kaufte der Sandoz das Bauland ab und stellte es im Baurecht zur Verfügung.

Die Interessen

Die beteiligten Parteien vertraten keineswegs alle dieselben Anliegen. Der CMS ging es darum, neue Wege im Städte- und Wohnungsbau zu beschreiten. Auch wollte die Stiftung ihr Kapital langfristig verstärkt in Immobilien anlegen. Die Mitgestaltung durch Mietende gehörte ebenfalls zu ihren Anliegen. Für die Patria hingegen war der Siedlungsbau primär ein Anlagezweck, sie wollte ihren Anteil der Wohnungen (40%) konventionell vermieten. Den Quartieraktivistinnen und –aktivisten ihrerseits ging es darum, dass kein Ghetto entstand, sondern die Siedlung gut mit dem Quartier verflochten wurde. Ihre Vorstellungen legten sie 1985 in einem eigenen Wohnkonzept dar: Eigenleistungen und Gestaltungsspielräume fördern Identifikation mit der Siedlung, die Tiefhaltung der Mietzinse fördert eine quartiernahe Mieterschaft und die Integration der Siedlung ins Quartier. Da sich die Absichten von IGB, CMS und Patria letztlich doch weitgehend deckten, beschloss man 1985 offiziell die Zusammenarbeit.

Die Bauten

Der Spatenstich zum Siedlungsbau erfolgte 1989. Aus einem Wettbewerb war das Projekt der Architekten Erny, Gramelsbacher und Schneider auserwählt worden. Vorgegeben waren grosszügige Grünflächen, ein Wohnungsmix mit ca. 60% Wohungen in Familiengrösse (4–5 Zimmer). Es sollte jede Wohnung über ein Balkon oder einen Gartensitzplatz verfügen. Zusätzlich galt es, zumietbare Einzelzimmer / Werkstätten und mehrere Gemeinschaftsräume zu bauen. Die CMS favorisierte eher gleich grosse Räume innerhalb der Wohnungen, die Patria eher abgestufte Raumgrössen. Das Siegerprojekt setzte all diese Vorgaben um. Mit der Hofgasse als neuem Weg wurde die Siedlung erschlossen und zugleich das Quartier angebunden. Die Blockrandbebauung erhielt durch die Erker-Treppenhäuser eine klare Unterteilung in einzelne Einheiten respektive Häuser. 1991 konnten die ersten Mietenden einziehen, die Umgebungsgestaltung war 1992 abgeschlossen.

Die Mietenden

Noch bevor der erste Bagger auffuhr, hatten sich schon Dutzende von Mietinteressenten eingeschrieben. Um sie zu betreuen, richtete man eine Mieterkontaktstelle ein. Die Bauherren legten fest, dass die künftige Bewohnerschaft altersmässig und sozial durchmischt sein sollte. Die Mietinteressenten konnten die ihnen zugeteilten Wohnungen mitplanen, punkto Grundriss und Ausstattung. Um die Selbstverwaltung ins Laufen zu bringen, entstanden 1991 die Hausvereine, und es fand monatlich eine Mieterversammlung statt. 1992 endete dann die Begleitung durch die Mieterkontaktstelle. Ungefähr 360 Personen wohnten in dieser neuen Überbauung, in 128 Privatwohnungen, 24 Alterswohnungen und 2 Wohnungen mit Spezialnutzung. Das Durchschnittsalter betrug rund 40 Jahre. Die meisten Mietenden zogen als Familie ein. Zwischen CMS- und Patria-Teil gab es deutliche Unterschiede hinsichtlich beruflicher Stellung und Einkommen. Die CMS-Mietenden lebten eher in gutsituierten Verhältnissen, bei den Patria-Mietenden gab es einen grösseren Anteil an Haushalten mit bescheidenen Einkünften.

 

Literatur:

Doris Baumgartner / Susanne Gysi / Alexander Henz: Die Wohnüberbauung Davidsboden in Basel. Erfahrungsbericht über die Mietermitwirkung, Bundesamt für Wohnungswesen: Bern 1993 (Schriftenreihe Wohnungswesen Band 57).